Navigieren, manövrieren und studieren!

HP hatte die zündende Idee, unsere English-Skills auf eine unkonventionelle Art zu entwickeln: Motorbootausbildung mit Lizenzprüfung! Nach einigen Diskussionen, haben wir das Budget umalloziert (das ist ein Insider fürs Büro) und uns angemeldet. 

Seit Wochen hat HP das Thema Motorbootausbildung jeden Tag angesprochen. Er hat mich sozusagen weichgekocht. Für die Durchführung eines Privatkurses braucht es zwei Teilnehmer. Als ich gemerkt habe, wie wichtig HP das Thema ist, habe ich zugesagt. Privatkurs heisst: Instruktor, HP, ich und das Boot!

 

Wir wagen uns hier an ein komplett fremdes Thema ran. Zusätzliche Herausforderung ist, dass die komplette Ausbildung inkl. Prüfung (logischerweise) in Englisch stattfindet. Die Ausbildung erfolgt nach nationalem Standard der US Coast Guard.

 

Von Bootstypen und deren optimalem Einsatzgebiet zu Motorenkunde hin zu Verantwortlichkeiten des Bootsführers und  gültigen Vorschriften/Gesetzen der USA werden wir von unserem Captain geschult.  Navigationsregeln, Sicherheitsequipment, Wettereinflüsse, Ebbe und Flut, Umgang mit Notfällen, Vorbereitung und Kontrollen vor der Fahrt sind weitere Elemente. Alle kann ich definitiv nicht aufzählen. Bei vielen Themen fehlt mir auch das deutsche Vokabular!

 

Von der Vorstellung, mich mit den oben genannten Themen vertieft auseinander zu setzten, war ich mässg begeistert, ich gebe es zu. Bis ich unseren Captain und Instruktor Murphy kennengelernt habe und das erste Mal selber am Steuer sass!

 

Die Chemie zwischen unserem Instruktor und uns hat auf Anhieb gepasst. Er sagt uns zu Beginn, dass aus seiner Sicht "Boating" Spass machen muss. Es darf aber nie die nötige Vorsicht und Seriösität bei den wichtigen Themen fehlen. Er möchte mit uns möglichst viel Zeit auf dem Wasser verbringen, dies bedingt jedoch, dass wir zuhause auch fleissig Theorie büffeln - OK, versprochen, machen wir!

 

Schon nach der ersten halben Lektion auf dem Wasser sind wir von unserem Instruktor fasziniert. Nebst dem eigentlichen Fachwissen erzählt er uns viel über San Diego, die hier ansässigen Marinas, die Navy und ihre Flotte. Er zeigt uns die schönsten Häfen und Sightseeing Spots (damit wir unseren Besuch übernächste Woche auch verwöhnen können). Bei jedem Schiff das wir kreuzen, weist er uns auf die Eigenheiten hin und erzählt uns für was das Boot eingesetzt wird. Von fast jedem Schiff wird er gegrüsst, da er die Crew kennt.

 

Stundenlang üben wir die Abfahrt und Ankunft an Dock (leaving a dock, returning to dock), Einfahrt und Ausfahrt in ein Slip (eine Art Parkplatz fürs Schiff), rückwärts fahren, drehen an Ort (Pivot-Turn), Mann über Board (nein wir mussten nicht rein, wir haben ein Kissen gerettet bzw. HP hat es auch mal überfahren - autsch). Etwas Mut erfordern die "Full-Speed Maneurvers" wie z.B. sofortiges stoppen des Bootes bei schneller Fahrt mit 90 Grad-Dreh-Manöver (die Drehung ist nötig, damit die nachkommende Welle nicht das Boot füllt). Praktisch alle Manöver führen wir mit und gegen den Wind aus, da das Handling und Verhalten des Bootes unterschiedlich ist. Da wir in Zukunft in den USA Boote mieten und kein eigenes besitzen werden, ermöglicht uns Murphy verschiedene Bootstypen zu fahren. Der Bootstyp Hurricane 20 für max. 10 Passagiere und mit 150 PS hat es uns besonders angetan!

 

Beim Funkgerät lernen wir die verschiedenen Kanäle kennen und hören diese ab. Nebst Wettervorhersagen gibt die Coast Guard auch aktuelle "Verkehrsmeldungen" durch. Wir staunen nach einer schwer verständlichen Durchsage als uns Murphy erklärt, dass die Navy mit einem Kampfschiff vor der Küste ist und irgendwelche Geschosse auf ein schwimmendes Ziel abfeuert. Auch Helikopter schiessen aktuell auf diese Plattform. Der Raum 700 yards um das Schiff sei für den Schiffsverkehr gesperrt und dürfe keinesfalls befahren werden (was ja einleuchtend ist). Er erzählt uns dann, dass Kampfschiffe im Hafen von kleinen Beibooten mit bewaffneten Navy-Soldaten begleitet werden. Diese müssen dafür sorgen, dass sich niemand dem Kampfschiff nähert, wenn nötig durch Waffengewalt. Auf den kleinen Schiffen seien 20jährige Boys mit grossen Toys :-) -> Guns, da bleibe man besser weit weg, denn die machen einfach was ihnen gesagt wird :-). Nach einer weiteren Durchsage schüttelt Murphy den Kopf. Jetzt habe sich die Ziel-Plattform gelöst und treibe irgendwo vor der Küste rum. Die Navy sei jetzt damit beschäftigt, diese wieder "einzufangen".

 

Wir haben auf dem Wasser auch Zeit um etwas mehr über den Beruf "Captain" zu erfahren und fragen Murphy Löcher in den Bauch. Für seine Lizenz muss mann mindestens 700 Tage auf dem Wasser verbracht haben um überhaupt zur Prüfung zugelassen zu werden. Aktuell unterrichtet er jeden Abend eine Klasse, in welcher er Captains mit Lizenz für Schiffe bis zu 100 Tonnen ausbildet. Er unterrichtet Schüler auf Segel- und Motorbooten....und dann auch Anfänger wie wir auf "kleinen" Motorbooten :-) .  Auch Windsurf-, Wakeboard- und Kite-Instruktor ist er......der absolute Wahnsinn....super coooooool!

 

Wir erfahren, dass viele reiche Leute, welche Luxusjachten besitzen nicht selber fahren können und/oder wollen (am Luxusboot von einem bekannten männlichen US Skifahrer, der heisst wie eine Biermarke :-) sind wir auch vorbeigefahren - ist zum Verkauf ausgeschrieben). Viele Yachten werden nur wenige Tage im Jahr benutzt, da die Besitzer keine Zeit haben. Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr raus. Wir sehen nicht Millionen, sondern Milliarden von Dollas in Form von wahnsinns Yachten, kleinen und grossen Booten.

 

Lukrativ für einen Captain sind Boot-Überführungs-Jobs. Bsp. Eine Yacht steht in irgendwo in einem Hafen, müsste aber in San Diego sein. Der Owner hat keine Zeit oder kann selber nicht fahren und heuert einen Captain und dessen Crew an, um die Überführung zu machen.

 

Ein Freund von Murphy hat über ihn einen Job bekommen, da er keine Zeit hatte. Die Überfahrt einer riesigen Luxusjacht von San Francisco nach San Diego stand an. Die Freunde hatten vereinbart, dass Murphy für die Vermittlung eine Flasche Whiskey erhält.  Als der Freund zuück war, hatte er Murphy gesagt, dass eher er eine Flasche Whiskey für die Ausführung verdient hätte. Die Yacht hatte vor Santa Barbara einen Motorenschaden. Genau an dieser Stelle ist die See sehr rau und auch erfahrene Crews warten jeweils auf ein optimales Fenster um durchzufahren. Während der Motor repariert wurde, habe das Schiff Rock'n roll getanzt. Nur durch die Wellen habe es jeweils von 25 km/h auf 43 km/h beschleunigt (vom höchsten Punkt zum tiefsten Punkt der Welle). Murphy hat mit Schadenfreude gesagt, dass er sehr froh sei dass nicht er der Captain an Bord war!

 

Nach vielen Stunden auf dem Wasser und einem Theorie-Büffel-Effort der seinesgleichen sucht, wagen wir uns an die Prüfung. Wir haben beide bestanden und sind happy!

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Kommentare: 3
  • #1

    Mario (Donnerstag, 05 Juni 2014 21:45)

    Hoi ihr Wasserratten, viel Glück und Spass ! Gratulation zur Prüfung ! Geniesst weiter, Mario

  • #2

    Daniel Suter (Donnerstag, 12 Juni 2014 13:02)

    Ahoi Ihr zwei. Herzliche Gratulation! Ist ja voll cool :-) LG Daniel vom Büro

  • #3

    Sandy (Donnerstag, 19 Juni 2014 08:52)

    Gratulation!