
Wir stehen gerade auf einem sogenannten Durchgangs-Campingplatz. Noch nie gehört? Das ist ein Platz, auf dem man eigentlich nicht bleiben will - aber muss, um dorthin zu gelangen, wo man eigentlich hinwill. Aber fangen wir besser ganz von vorne an.
Gestern haben wir unseren Adria Twin Supreme bei brütender Hitze bei der Mettlenbach AG in Mönchaltdorf übernommen. Dino, einer der beiden Geschäftsführer, hat uns das Fahrzeug ausführlich erklärt – vieles kannten wir schon, aber eben nicht alles. Wie immer wirkt am Anfang alles easy. Die echten Herausforderungen offenbaren sich dann erst unterwegs im echten Vanlife. Ein cleverer Hack: Als Dino uns die Steuerung für Heizung, Klima, Strom, Wasser etc. zeigt, rät er uns, einfach ein Video davon zu machen. Gute Idee, die Infos prasseln nämlich nur so auf uns ein. Er gibt uns auch noch seine Handynummer und die seines Bruders – letzterer sei unser Sunday Morning Emergency Hotline. Hehe!
Am Samstagmorgen geht’s los, in aller Herrgottsfrühe. Die erste Etappe führt uns rund 760 km von Zürich nach Hannover, mit erstaunlich wenig Verkehr. Unterwegs rätseln wir über den Spritverbrauch
unseres Vans. Die Anzeige auf dem Dashboard zeigt zwar ein F und ein E, aber: Wo genau stehen wir jetzt eigentlich? Während H-P fährt, versuche ich mich online schlau zu machen, ohne
Erfolg. Also: Telefonjoker! Mein Vater ist mit seinem Wohnmobil schon viel weiter gereist als wir. „Schick mir ein Foto der Anzeige!“ – Gesagt, getan. Seine Antwort: „Ihr habt noch zwei Drittel
im Tank.“ Hä? Wo sieht man das denn? Die kleinen Quadrate auf der Anzeige! Die nehmen laufend ab, wenn’s rot wird, ist’s Reserve. Im Nachhinein alles logisch. Danke, Papi!
Unser Van liebt Reisegeschwindigkeiten zwischen 110 und 130 km/h - alles darüber lässt das Besteck in den Schubladen klappern, als würde es gleich flüchten wollen. Genau das ist übrigens einer der Gründe, warum wir lieber mit einem Van als mit einem grossen Wohnmobil reisen: Wir sind flexibler, wendiger und schneller unterwegs – besonders in Städten oder auf engen Strassen.
Zwischenstopp bei IKEA und nein, wir kaufen natürlich keine Möbel. Aber IKEA ist einfach top, wenn’s um Camping-Hacks geht. Wir besorgen noch ein paar Küchenutensilien und Aufbewahrungssachen, damit alles schön kompakt verstaut ist.
Am Nachmittag rumpeln wir über einen gefühlt kilometerlangen Pflastersteinweg zum Campingplatz Lohe. Auf den letzten Metern verabschiedet sich im hohen Bogen die Teebox aus dem Oberschrank.
Das Geschüttel war zu viel des Guten. Zum Glück ist alles heil geblieben. An der Rezeption zeigt uns der Herr mit viel gutem Willen (und wenig Übersicht) auf einem zerkrickelten Plan, wo
wir stehen dürfen.
Die Begrüssung? Sagen wir’s mal so: Herzlichkeit war’s nicht. Rund um den Badesee herrscht ein einziges Tohuwabohu – jede Gruppe mit eigenem Ghettoblaster, Fussbälle fliegen wild durch die Luft
und der Alkohol fliesst in Strömen.
Wir steuern unseren Platz an, richten uns ein und freuen uns auf ein eiskaltes Getränk aus unserem geräumigen Kühlschrank. Unter der Sonnenmarkise, mit bequemen Stühlen und Campingtisch, versteht
sich. Aus der Ferne klingt eine Gitarre, Kinder liefern sich Wasserschlachten. Camping! Später gönnen wir uns noch eine Kleinigkeit im Campingrestaurant. Der Herr von der Rezeption serviert nun
und siehe da: Plötzlich freundlich!
Zur Schlafenszeit sind es noch immer 28 Grad. Die Sanitäranlagen? Leider ein Fall für sich: alt, schmutzig, einfach nur eklig. Ich bin schon jetzt dankbar für unser Mini-Badezimmer im Van. Für die Nacht sind heftige Gewitter angesagt. Es wird hudeln, was das Zeug hält. Wir machen alle Fenster und Dachluken zu mit dem Resultat: Sauna. Die grosse Frage: Schlecht schlafen, weil’s zu heiss ist oder schlecht schlafen, weil die Klimaanlage röhrt wie ein Düsenjet? Wir entscheiden uns für Letzteres. Draussen tobt das Gewitter, als gäbe es kein Morgen. Wir fragen uns, wie’s wohl den Zeltnachbarn geht. Die Wassermassen, die da runterkommen, sind einfach nur krass!
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