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Sternschnuppe!

Es fällt uns nicht leicht, unseren herrlich abgeschiedenen Dünenplatz zu verlassen. Das Rauschen des Meeres im Ohr, die Füsse noch voller Sand und der Wind, der unsere Gedanken einmal kräftig durchgepustet hat. Aber heute steht einiges auf dem Programm, das uns neugierig macht: tragische Schicksale auf hoher See, ein preisgekröntes Museum und ein kulinarisches Highlight, das buchstäblich vom Himmel fällt.

Der 24. Dezember 1811 geht als rabenschwarzer Tag in die Geschichte der Royal Navy ein. Ein Orkan trifft auf Nebel, die Strömung ist unberechenbar. Keine Chance für die mächtige HMS St. George. Das imposante Dreidecker-Kriegsschiff mit 78 Kanonen wird vor Thorsminde gnadenlos von der Nordsee zerschlagen. Von 850 Mann an Bord überleben nur zwölf. Eine Tragödie, die exemplarisch steht für tausende von Strandungen in dieser Region.

 

Die Bewohner Thorsmindes – ein verschlafenes Fischerdorf mit heute gerade mal 280 Seelen, machen aus der Not ein Geschäftsmodell. Sie spezialisieren sich auf die Rettung von Schiffen, Mannschaften und Ladungen. Ein Teil der geborgenen Fracht bleibt als “Entschädigung” im Dorf. Pragmatismus der alten Schule.

 

Das Strandingsmuseum St. George ist viel mehr als ein Ort der Erinnerung. Es ist ein multimedial inszeniertes Abenteuer, das einen mitnimmt in die Welt der Navigatoren, Seemänner und Sturmbezwinger. Besonders hängen bleiben wir bei den Werkzeugen der alten Seefahrt: Sextant, Kompass, marine Chronometer. Wie sich Menschen damals mit diesen analogen Helfern über die Weltmeere navigiert haben, ist einfach faszinierend.


Das absolute Highlight: Das 11,5 Meter lange und 5,4 Tonnen schwere Ruder der HMS St. George, das heute wie eine Reliquie durch den zentralen Turm des Museums ragt - über alle Ausstellungsebenen hinweg. Kein Wunder, wurde dieses Juwel 2019 mit dem European Museum Award ausgezeichnet. Und das mitten in einem Dorf, das kleiner ist als so mancher Wohnblock!

 

Gegenüber dem Museum entdecken wir einen Herrn mit einem riesigen Teller, der aussieht, als hätte er eine kulinarische Offenbarung erlebt: Krabben, Salat, Gurken, irgendwas Paniertes. Das wollen wir auch! Also zeigen wir auf den Nachbartisch, bestellen „das da bitte“ und bekommen: Stjerneskud, die Sternschnuppe!

 

Frischer geht’s nicht: Panierter Schollenfilet auf Roggenbrot, getoppt mit Garnelen, knackigem Salat und einem Löffel Limfjord-Kaviar. Ein Gedicht! Wir sind uns einig; das ist das beste Krabbenbrot unseres Lebens. Ein dänischer Klassiker, der in unserer Erinnerung garantiert nicht verglüht.

Gestärkt geht’s weiter Richtung Fähre. Die kleine Auto-Fähre von Thyborøn nach Agger legt stündlich ab - und genau das Fahrzeug vor uns ist das letzte, das noch mitkommt. Macht nichts! Wir sind ja schliesslich nicht auf der Flucht. Also machen wir es uns gemütlich: ein kühles Getränk aus dem Camper-Kühlschrank, ein bisschen Beine ausstrecken, ein bisschen Möwen beobachten. Unsere ganz eigene Form der sanften Strandung.


Ein kleiner Abstecher nach Cold Hawaii, einem der Surferhotspot Dänemarks. Hm. Nette Idee, aber als bekennende Part-time-San Diegans sind wir da etwas verwöhnt - und vielleicht auch ein bisschen snobistisch. Die perfekten Vibes  haben wir jedenfalls nicht gespührt, dafür aber einen richtig feinen lokalen Käse gekauft.

Am späten Nachmittag erreichen wir unseren neuen Stellplatz: Parzelle 21, deluxe, undglaublich viel Platz und Frischluft-Flatrate! What? Es regnet!

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