
Die heutige Etappe führt uns von Aarhus, der zweitgrössten Stadt Dänemarks in die drittgrösste: Odense. Die liegt auf der Insel Fünen, und weil wir es nicht ganz so eilig haben, wählen wir eine Route durchs Hinterland, die rund drei Stunden dauert. Und dann lernen wir auch noch Blauzahn kennen, König Harald Blauzahn!
Langeweile? Keine Spur! Schon bald rollen wir vorbei an endlosen Kornfeldern, so weit das Auge reicht. Es sind sanften Wellen, die fast an Buttercreme erinnern. Kein Wunder: Rund 60 % der dänischen Landesfläche werden landwirtschaftlich genutzt. Dänemark ist nicht nur Hygge, sondern auch Hafer, Hopfen, Weizen und Erntemaschinen. Rund 75'000 Landwirtschaftsbetriebe gibt es im Land , und wir sind ziemlich sicher, dass wir mittlerweile an mindestens der Hälfte vorbeigefahren sind.
Mitten in dieser fruchtbaren Kornkammer liegt das kleine Örtchen Jelling, das - man glaubt es kaum - das Herzstück der dänischen Nation ist. Hier parkieren wir unseren Van direkt neben einem UNESCO-Weltkulturerbe und machen einen Sprung zurück ins 10. Jahrhundert. Denn in Jelling liessen sich zwei besonders bedeutende Herren ein Denkmal setzen: Gorm der Alte, letzter Heidekönig Dänemarks, und sein Sohn Harald Blauzahn, Christianisierer, Brückenbauer – und, jawohl: Tech-Pionier! Denn sein Name lebt heute weiter – als Bluetooth-Technologie. Harald hat einst verfeindete Stämme vereint, so wie Bluetooth heute Smartphones mit Lautsprechern verbindet. Das Bluetooth-Logo ist übrigens ein cleverer Runen-Mix aus H und B. Sieht man nie wieder gleich, oder?
Das Museet Kongernes Jelling erzählt diese Geschichte nicht trocken, sondern multimedial, modern und ziemlich cool. Ein paar Highlights:
- Die Jelling-Steine sind so etwas wie die Geburtsurkunde Dänemarks. Harald verkündet darauf ganz nonchalant, dass er Norwegen unterwarf und die Dänen zum Christentum bekehrte. Branding auf Stein, Deluxe.
- Vor dem Museum thronen zwei monumentale Grabhügel, 70 Meter im Durchmesser, 10 Meter hoch. Harald hat hier für seinen Vater mächtig aufgetischt. Wer braucht schon ein Grabstein, wenn man eine Mini-Pyramide haben kann?
- Und die Wikinger? Die waren nicht nur mit Axt und Helm unterwegs. Im Museum erfährt man, dass sie ebenso fit in Architektur, Diplomatie und Fernhandel waren. Multitasking im Kettenhemd, quasi.
Nächster Stopp: Vejle. Die Stadt überrascht mit einer modernen Design-Ikone, die direkt am Fjord thront: Bølgen, „die Welle“. Fünf elegante Gebäudekörper in Wellenform, entworfen von Henning Larsen Architects, spiegeln das Wasser und die umliegenden Hügel. Innen drin: 140 luxuriöse Wohnungen, aussen dran: Meine Kamera, klickfreudig wie immer. Wir laufen dem Hafen entlang und werden direkt von einer Möwe geadelt. Genauer gesagt: Vollgek..... Also retour zum Van, Garderobenwechsel, Möwenfluch murmeln...und Neustart.
Angekommen in Odense, der Geburtsstadt von Hans Christian Andersen, beziehen wir unsere Parzelle auf dem Campingplatz, schliessen an, stellen Tisch und Stühle raus und geniessen gerade unsere Drinks, als riesige Tropfen vom Himmel fallen. Wir reagieren schnell, verstauen alles blitzartig und flüchten in den Van. Die Nachbarn bleiben seelenruhig draussen sitzen, skandinavisches Stoiker-Level: 10/10.
Kaum drin, hört der Regen auf. Natürlich. Trotzdem bleiben wir gemütlich drin und kochen ein typisch dänisches Abendessen: Fiskefrikadeller mit Kartoffeln und Erbsen. Kaum ist
der erste Bissen im Mund, geht der Regen in die nächste Runde, diesmal wie aus Kübeln. Unsere Nachbarn springen in alle Himmelsrichtungen, retten Grill, Bier und Kinderspielzeug. Wir schauen
ihnen aus dem trockenen Van zu – und fühlen uns ganz königlich.
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