
Heute Mittwoch habe ich zwar offiziell noch nicht Geburtstag, aber irgendwie eben doch schon. H-P hat nämlich entschieden, dass ich mein Geburtstagsgeschenk zwei Tage früher bekomme: eine private Tapas-Tour quer durch die historische Altstadt von Málaga, geführt von Javi von Spain Food Sherpas. Schon beim ersten Kennenlernen am Treffpunkt ist klar: Volltreffer! Die Chemie stimmt - das wird richtig cool.
Zum Frühstück haben wir extra nur wenig gegessen, denn um 11 Uhr geht’s los mit gut drei Stunden Kulinarik und Entdeckungen pur. Das Wetter könnte perfekter nicht sein: eine leichte Brise, tiefere Luftfeuchtigkeit, strahlende Sonne und angenehme 25 Grad. Vor dem Shop Women’s Secret halten wir Ausschau nach unserem Guide und erkennen ihn sofort an der weissen Stofftasche mit dem Spain-Food-Sherpas-Logo.
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde und Abklärung möglicher Unverträglichkeiten oder No-Go’s geht es los. Javi fragt uns, ob wir wüssten, wer der Stadt-Hero von Málaga sei. Ich überlege angestrengt, scanne innerlich die ganzen Statuen, die wir in den letzten Tagen gesehen haben … keine Ahnung! Die Antwort: Antonio Banderas aka Zorro. Geboren in Málaga, tief verwurzelt, wichtiger Treiber der positiven Entwicklung der Stadt, vor allem auch in der Gastronomie. Er besitzt ein Penthouse, das er selbst bewohnt, hat ein Theater und eine Schauspielschule gegründet, investiert in Restaurants und ist Partner der berühmten Bodega El Pimpi. Javi, der früher Journalist war, hat ihn mehrfach interviewt und als bodenständig erlebt. Es sei durchaus möglich, dass man ihm hier zufällig begegnet. Fantastisch!
Vorbei an der ältesten Taverne Málagas, der Antigua Casa de Guardia, die gerade noch geschlossen ist, erfahren wir: Sie ist nicht nur das älteste Schankhaus, sondern auch ein produzierendes Weingut mit Bodega in den Montés de Málaga, rund 45 Minuten ausserhalb der Stadt. Wir nehmen uns fest vor: Bevor es zurück in die Schweiz geht, müssen wir dort unbedingt noch ein Gläschen probieren.
Ein paar Schritte weiter erreichen wir den Mercado Central de Atarazanas. Dort waren wir gestern schon kurz, schliesslich liegt er nur 50 Meter von unserer Wohnung entfernt. Die 1870er-Jahre-Halle aus Glas und Eisen ist lichtdurchflutet, ihr Eingang aber noch älter. Es ist ein marmorner Hufeisenbogen aus der Nasridenzeit, einst Tor zu den arabischen Schiffswerften. Der Markt selbst? Ein Schlaraffenland sondergleichen. Alles, was das Schlemmerherz begehrt und natürlich alle Grundzutaten der andalusischen Küche.
Wir probieren Berenjenas fritas con miel de caña, Pimientos de Padrón und die berühmten Boquerones. Alles wird frisch für uns zubereitet! Ein pures Geschmackserlebnis, begleitet von einem Glas eiskaltem Tinto de Verano (Sangría trinken nur Touristen). Doch der Besuch geht weit über die Tapas hinaus. Javi erklärt uns regionale Produkte, erzählt über Herkunft und Zubereitung. In der Fischgasse lernen wir die Unterschiede der unzähligen Garnelenarten. Plötzlich drückt mir ein älterer Herr, der irgendwie zum Verkaufstand gehört, unvermittelt eine gekochte Garnele in die Hand. Ein Geschenk! „Gracias!“, sage ich, leicht überfordert. Javi lacht: Das sei ihm auch noch nie passiert. Ich pulle nach Anleitung von Javi die Garnele auseinander, koste ahh köstlich! (H-P hat übrigens nichts bekommen, just saying …).
Es geht weiter zu Oliven und getrockneten Tomaten, verkauft von einem lokalen Original, der für ein Spässchen aufgelegt ist. Der Geschmack ist Sonne pur. Wir kosten das „Herz von Málaga“, eine getrocknete Feige mit Salz-Mandel, wunderschön symbolisch und himmlisch im Geschmack. Beim Schlendern durch die Obst- und Gemüseabteilungen lernen wir, dass hier nicht nur Melonen, sondern auch Avocados und Mandeln in grossem Stil angebaut werden. Nach den USA ist Spanien der zweitgrösste Mandelproduzent weltweit. Javi grüsst jeden zweiten Händler mit Namen, man kennt sich.
Nächster Stopp ist ein Feinkostladen. Dort warten Ziegenkäse, Charcuterie-Spezialitäten und natürlich Ibérico-Schinken. Ein Glas handgemachter Vermouth rundet die Kostprobe ab. Wir sind im siebten Schlemmerhimmel. Nebenbei erklärt uns Javi das kleine Schinken-ABC: Serrano stammt von weissen Schweinen, die hauptsächlich mit Getreide gefüttert werden, milder Geschmack, „der normale Schinken“ für zuhause und zum Kochen. Ibérico hingegen ist der König: von der seltenen iberischen Rasse, Eichel-basiert ernährt, geschmacklich unvergleichlich. Preislich reicht die Spanne von ca. 65 € für Serrano bis weit über 600 € für die Spitzenklasse (z. B. 5J). An Weihnachten gönnen sich viele Familien ein solches Schinkenbein, lassen es vom Cortador schneiden und vakuumieren – bis zu 40 Päckchen entstehen so, das Schneiden dauert bis zu 5 Stunden. Ein hochspezialisierter und gut bezahlter Job!
Wir decken uns noch mit lokal produziertem Paprikapulver ein und ziehen weiter. Während wir durch die Stadt laufen, gibt uns Javi unzählige spannende Einblicke - kulturell, historisch, architektonisch - immer unterhaltsam und mit einer Prise Humor. Die Tour macht richtig Spass.
Im nächsten Lokal geniessen wir Crevetten-Spiesschen und Tintenfisch in einer Mandelsauce. H-P gönnt sich Wein, ich schwenke kurz mal auf Wasser um. Natürlich löchern wir Javi mit Fragen. Er ist seit sieben Jahren Gourmet-Guide, und die Leidenschaft sprüht aus jedem Satz. „Food Sherpa?“ Eher ein Food Matador! Wir sprechen auch über Schweizer Spezialitäten wie Raclette, Fondue und Züri Geschnetzeltes. Nebenbei bekommen wir Tipps für Tagesausflüge ab Málaga und auch, was man sich sparen kann. Besonders wertvoll: wie man Touristenfallen-Restaurants auf den ersten Blick erkennt.
Zum grossen Finale geht’s ins bisher stylishste Lokal: lokaler Thunfisch mit marinierten Zwiebeln und ein Schweinenacken-Spiesschen mit Kartoffeln, dazu ein Glas Vino Blanco. Was für ein Abschluss - geschmacklich und optisch ein Feuerwerk! Als Javi uns noch aufschreibt, in welchem Restaurant es die beste Paella gibt, interveniert die Kellnerin unseres aktuellen Lokals sofort. Sie und unser Guide liefern sich ein freundschaftliches Battle. Sie holt dann aus der Küche eine grosse Pfanne und zeigt uns ihre Paella. So müsse das aussehen. Den Namen des Lokals auf dem Zettel könne ich streichen und zu ihnen kommen. OK, machen wir, ich habe sofort durchgestrichen!
Diese Tour war ein fantastisches Erlebnis und ein grandioses Geburtstagsgeschenk. Unser Fazit: Wenn in Málaga, dann unbedingt eine Tour mit den Spain Food Sherpas, für uns ganz klar Pflichtprogramm! Fragt am Besten auch gleich nach Javi als Guide!
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